Entwicklungsphasen

Der zweite Schlüsselbereich: Talent
(T1, T2, T3, T4)

Die intensive Entwicklung der Jugendlichen hat zur Folge, dass sich die individuelle Leistungsstruktur dauernd verändert. Physische Wachstumsschübe, kognitive Entwicklungsschritte oder Veränderungen der sozialen Strukturen beeinflussen das Trainings- und Leistungssystem der Athletinnen und Athleten. Deshalb braucht es eine ständige Anpassung der Planung und Steuerung des Trainingsprozesses.

Grundsätzlich sind labile Entwicklungszustände während der Pubertät Merkmal unseres Wachstums. Sie können und sollten nicht verhindert werden, da sie Voraussetzung für Weiterentwicklung sind. Trainer können Athletinnen und Athleten jedoch bei der Bewältigung der Probleme unterstützen, ohne sie ihnen abnehmen zu wollen. Für die Jugendlichen gilt es, solche Phasen aktiv zu bewältigen. 

In der Phase T1 findet eine erste systematische Talentsuche statt. Nachwuchstalente werden aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten erkannt, die sie im physischen und psychischen Bereich zeigen und die ein Hinweis auf zukünftige (Höchst-)Leistungen sind. In der Überprüfung durch die PISTE werden aktuell die konditionell-energetischen Fähigkeiten und die technisch-koordinativen Fähigkeiten überprüft. Der prozentuale Einfluss der Wettkampfresultate auf die Talentauswahl nimmt in den folgenden T-Phasen stetig zu. Da das Beurteilungsverfahren Teil eines mehrdimensionalen Diagnostiksystems sein soll, ist die Beurteilungskompetenz der Trainer ein Schlüsselfaktor. Das karatespezifische Training mit integrierten Teilen zur Förderung der Athletik umfasst etwa zwei Drittel des Trainingsumfangs.

In der Struktur des Athletenwegs ist T2 eine Beobachtungsphase. Dabei sollten Informationen über Lernfähigkeiten, Engagement, Motivation, Trainierbarkeit, Performancefähigkeiten, spezifische mentale Eigenschaften oder Selbstmanagement gesammelt werden. Neben Tests und Wettkämpfen bilden die Trainings das Beobachtungsfeld, um sich ein differenziertes Bild des Potenzials der verschiedenen Nachwuchsathleten zu machen. Das Ziel ist, das in der Phase T1 gezeigte Entwicklungspotenzial differenziert zu überprüfen und zu bestätigen. Für spätere Erfolge im Erwachsenenalter muss differenziert werden, welche Anteile der Leistung auf die Potenziale zurückgehen und welche auf die Förderung (die geeignetsten oder die am wirkungsvollsten geförderten Athleten?).

Um die Leistungsvorgaben dieser Phase überhaupt erreichen zu können, braucht es ein gesteigertes Trainingsvolumen und eine zunehmend spezifische Förderung von Fertigkeiten, die wettkampfrelevant sind. Ergänzend zum Techniktraining betrifft dies den Bereich der Athletik aber auch eine gezielte Integration der taktisch-mentalen Fähigkeiten. Talente dieser Phase verfügen in der Regel über ausgeglichene Körperproportionen, eine stabilisierte Psyche und eine fortgeschrittene geistige Entwicklung. Die Qualität der Betreuung wird zum Schlüssel für gute Leistungen. Der Lead liegt entweder beim Dojo-Trainer, beim Stützpunkttrainer oder beim Nationalcoach. Neben der fachlichen Unterstützung beinhaltet es auch eine dialogische Gestaltung der Trainer-/Athleten-Beziehung. 

In dieser Phase befinden sich Athletinnen und Athleten, wenn sie den Durchbruch auf nationaler Ebene schaffen. Sie gehören zur Schweizer Spitze. Es gilt, die Betreuung für diese Athleten zu intensivieren. Sie sind Mitglied der Nationalmannschaft und ihre Leistungen werden mit der Nominierung für Europa- und Weltmeisterschaften belohnt. Es ist die Schnittstelle zwischen Nachwuchsbereich und Eliteniveau. Einerseits sind die Athleten hochmotiviert, da sie den Weg an die nationale Spitze geschafft haben, anderseits stehen sie an einem Neuanfang – dem arbeitsintensiven Weg an die Weltspitze. Mit zunehmender Leistungsentwicklung wird die Ausbildung der karatespezifischen Handlungsfähigkeit immer mehr individualisiert: Ziel- und Aufgabenstellungen werden für die einzelnen Athleten präzisiert.